Grün & Gemütlich

Ein Herz für Pflanzen

Überall grünt es in den Wohnungen. Doch so gern wir uns mit Zimmerpflanzen umgeben, so richtig nachhaltig sind sie oft nicht. Worauf wir bei Kauf und ­Pflege achten sollten und warum es sich lohnt, über Adoption ­nachzudenken, verrät die Bloggerin Iris van Vliet. Dazu gibt’s Tipps zum Ablegerziehen und schöne Produkte für den heimischen Dschungel

Fotos: Mama Botanica

„Pflanzen geben mir ein positives Gefühl, sie lassen mich im Moment sein, und ich denke, so geht es vielen Menschen“, sagt Iris van Vliet. Zu ihren grünen Mitbewohnern hat die Niederländerin ein geradezu mütterliches Verhältnis. Nicht von ungefähr lautet der Name, unter dem sie bloggt und auf Instagram unterwegs ist, „Mama Botanica“ (@mamabotanica.amsterdam). Iris, die schon in einem Haus voller Pflanzen groß geworden ist, ist „Plantfluencerin“, das heißt, sie postet tolle Bilder ihrer grünen Lieblinge in den sozialen Netzwerken und erzählt darüber. Weil für sie Zimmerpflanzen aber nicht nur Objekte sind, die sich gut auf Fotos machen, sondern Lebewesen, berät Iris auch in eigenen Youtube-Tutorials, Workshops und in Büchern – etwa hinsichtlich der richtigen Pflege.

Eine nachhaltige Idee für Zimmergrün-Fans? Pflanzen „adoptieren“ oder selbst vermehren

GRÜN, ABER NICHT ÖKO
Hashtags wie #urbanjungle oder #plantsmakepeoplehappy mit mehr als fünf Millionen Posts zeigen, dass Iris mit ihrer Liebe zum Grün nicht allein dasteht. Rund 100 Millionen Zimmerpflanzen werden laut BUND jährlich verkauft. Das Problem: Ökologisch oder fair angebaut wurden die wenigsten von ihnen. Ganz oft lässt sich etwa nicht nachvollziehen, woher die Jungpflanzen stammen, ob sie mit Giften, die bei uns längst verboten sind, behandelt, ob dafür in Naturschutzgebieten gewildert oder Arbeiter ausgebeutet wurden. Und leider „gibt es auch noch kein einheitliches Label für nachhaltige Zimmerpflanzen“, sagt Iris. Orientieren kann man sich daher momentan nur an den typischen Bio-Siegeln wie etwa dem EU-Label oder an denen ökologischer Anbauverbände wie Bioland, Demeter und Naturland. Sie setzen auf organische Düngemittel, nutzen kompostierbare Anzuchttöpfe sowie torffreie Erde. Auch das Fairtrade-Siegel ist ein Wegweiser. Es bewertet, ob auch soziale Standards, etwa bei den Arbeitsbedingungen, eingehalten werden.

Und etwas Weiteres sollte man bedenken, so Iris, wenn man sich exotische Pflanzen ins Haus holt: Damit diese überhaupt gezüchtet werden und wachsen können, braucht es oft Gewächshäuser, die die Klimabedingungen ihrer Herkunftsländer simulieren. „Und die sind für die Ökobilanz nicht gerade optimal. Deshalb mache ich den Menschen Mut, Pflanzen zu vermehren. Einen Ableger selbst großzuziehen ist einfach und viel nachhaltiger als die Massenzüchtungen aus dem Gewächshaus.“

ADOPTIEREN STATT KAUFEN
Oder man adoptiert einfach eine Pflanze. So hat auch Iris angefangen. „Ich nahm Topfpflanzen auf, die Menschen auf der Straße aussetzten, oder von Freunden, die nach einem Umzug keinen Platz mehr für sie hatten. In meinem damaligen Fotostudio in einem alten Schulgebäude fanden sie auf einem langen Flur mit optimalen Lichtverhältnissen erst mal Asyl. Dort konnten dann Freunde und Bekannte vorbeikommen und sich eine Pflanze aussuchen. So bekamen sie ein neues Zuhause. Hier bei uns in den Niederlanden ist das ziemlich populär.“ Der Vorteil von Pflanzen aus zweiter Hand? Energie zur Aufzucht und Pflege, Transportwege – all das fällt weg. „Vielleicht ist das sogar die nachhaltigste aller Lösungen“, sagt Iris.

Foto: Iris van Vliet

ERST DER STANDORT, DANN DIE PFLANZE
Und was ist, wenn es die geliebte Pflanze doch nicht schafft? Auch darauf hat Iris eine Antwort. „Das Problem ist: Die Menschen verlieben sich in eine Pflanze und stellen sie irgendwohin, ohne darüber nachzudenken, welcher Standort der richtige ist“, erklärt sie. „Aber eigentlich sollte es genau andersherum laufen. Schau dir erst den Platz an, den du begrünen möchtest, und entscheide dann, welche Pflanze am besten passt.“

Iris wird nicht müde zu betonen, wie wichtig die richtige Art von Licht für ein gesundes Wachstum ist. Darüber sollte man sich unbedingt schlaumachen. Und noch etwas findet Iris wichtig zu wissen: Pflanzen gedeihen nicht immer prächtig. Sie bekommen gelbe Blätter, sie gehen auch mal ein – das gehört dazu. Deshalb ein letzter Tipp ihrerseits: „Pflanzen nie zu dunkel stellen oder zu viel gießen. Das sind die zwei häufigsten Fehler. Gebt ihnen all eure Liebe, aber niemals zu viel Wasser!“

BUCH-TIPP: Das neue Buch von Iris van Vliet ist bisher leider nur auf Niederländisch erschienen. Bestellen kann man es über mamabotanica.nl

Pflanzen vermehren

Foto: Iris van Vliet
Fotos: Iris van Vliet

Ableger aus einem Blatt

1. Einige Pflanzen sind so wuchskräftig, dass aus einem Blatt eine neue Pflanze werden kann, etwa Königsbegonien (Begonia rex) oder Zwergpfeffer (Peperomia argyreia). Die Blätter können recht leicht an der Blattbasis oder an der Unterseite des Stängels wurzeln, deshalb kann man sie direkt in die Erde setzen.

2. Um Ableger zu ziehen, zunächst ein scharfes Messer oder eine Schere mit Alkohol desinfizieren, damit keine Bakterien in die Wunde kommen. Ein Blatt abschneiden, größere Exemplare halbieren. Auf diese Weise verliert das Blatt weniger Feuchtigkeit und wurzelt schneller.

3. Das Blatt in einen TerrakottaTopf mit Anzuchterde stecken und darauf achten, dass die Blattbasis richtig in der Erde steckt. Sonst bilden sich keine neuen Wurzeln. Eine Plastiktüte als Gewächshaus über den Topf stülpen. Sie verhindert, dass die Pflanze austrocknet. Alle zwei Tage lüften, damit nichts schimmelt, und überprüfen, ob Wasser fehlt.

4. Nach ein paar Wochen gedeiht eine kleine Pflanze – die Plastiktüte kann nun abgenommen werden. Die Erde immer schön feucht halten, bis der Neuling etwas älter und auch kräftiger geworden ist.

So geht's grüner

KAUFEN
Regionale Blumengeschäfte führen bisweilen eine Auswahl an Zimmerpflanzen in BioQualität, eine Liste mit Läden und Gärtnereien findet sich unter bio-zierpflanzen.de. Der erste klimaneutrale Pflanzenshop Deutschlands ist bosqueplants.com. Die Pflanzen stammen aus nachhaltiger Zucht, die Verpackungen sind recycelbar. Auch bergamotte.de setzt auf Transparenz und führt nachhaltige Pflanzen.

TAUSCHEN
Samen, Ableger oder Pflanzen wechseln beispielsweise über tauschgarten.de oder Facebook-Gruppen den Besitzer. Oder man organisiert einfach sein eigenes Tausch-Event mit Freunden.

ADOPTIEREN
Fündig wird man auf Nachbarschaftsplattformen wie nebenan.de oder auf botanoadopt.org. Das Projekt vermittelt ungeliebte oder verwaiste Pflanzen an neue Besitzerinnen. Bezahlt wird mit Verantwortung und zwei Fotos der Pflanze pro Jahr.